Wie man Ostern in Mexiko feiert? Keine Ahnung.
Meine Gastfamilie feierte einfach gar nicht. Vom Osterwochenende gibt es aber
trotzdem einiges zu erzählen, denn meine Gastfamilie, die wie fleißigen
Bloglesern bekannt ist aus drei Geschwistern besteht (Christian, Marisol und
Gilberto), nutzte die freien Tage um gemeinsam mit mir ihre Eltern, Tanten,
Großeltern, Cousins und so weiter, kurz gesagt ihr Heimat aufzusuchen.
Ebenfalls mit von der Partie: Meine „Nichte“ Jimena, Tochter meines großen
Gastbruders, sowie dessen Freundin, ebenfalls mit Kind.
Meine Gastfamilie kommt aus Zicuiran, einem,
naja nennen wir es mal großen Dorf (wenn sich das nicht widerspricht), von etwa
3000 Einwohnern in Tierra Caliente. Diese Region Michoacáns, die übersetzt
etwa „heiße Erde“ heißt, ist zum einen,
der Name verrät es kaum, für die Hitze bekannt, die dort herrscht, aber auch
für Drogenkriminalität. All das trägt dazu bei, dass das Leben dort noch einmal
ganz anders ist, als das was ich in Huecorio und Morelia kennengelernt habe.
Was das Drogengeschäft angeht, so hat das Dorf
seinen Chef-narco (narcotraficante kurz “narco“= Drogenhändler). Jeder kennt
ihn, doch niemand würde ihn ausliefern, denn ihm haben es die Leute zu
verdanken, dass es so viel Arbeit gibt. Immer wieder auf Fahrten oder
Spaziergängen durchs Dorf stupste mich meine Gastschwester an und erklärte:
„Hier siehst du die Apotheke/diese Disko/diese Ampeln/… all das hat er bauen
lassen, all das gehört ihm, aber pssst, man redet nicht darüber, denn diese
Leute haben keine Skrupel dich umzubringen wenn du redest.“ Das Ganze geht so
weit, dass ich eine Geschichte hörte, dass ein 8-Jähriger von der Polizei das
Foto dieses Chef-narcos vorgehalten bekommen haben soll. Selbstverständlich
kannte er ihn, doch er log den Polizisten ins Gesicht. der Chef-narco erfuhr
davon und ließ dem kleinen 1000$ also etwa 65€ zukommen. Diese Geschichten
werden hier übrigens genauso trocken bis lustig erzählt. Es ist etwas total
Normales, die Leute haben sich damit arrangiert und wissen sich rauszuhalten.
Trotzdem fand ich es gruselig Personen zu treffen die meine Gastschwester
grüßten und im Nachhinein von ihr zu erfahren, dass auch sie narcos sind. Es
ist so unvorstellbar für mich, wie normal das hier ist. Aber zurück zum
offiziellen Leben im Dorf:
Am Donnerstag gegen Mittag, also zur heißesten
Zeit des Tages kamen wir an. ich weiß nicht wie viel Grad es gewesen sein
mögen, das einzige Mal, dass ich auf ein Thermometer schaute war abends um 10
Uhr, um diese Zeit zeigte das Thermometer nur noch 25 Grad.
Das Haus der Familie ist klein und einfach.
Der hintere, ältere Teil ist aus Holz und unverschlossen. Nur der Bereich in
dem Tortas (belegte Brötchen) verkauft werden sowie das Schlafzimmer, das sich
früher die ganze Familie teilte, jetzt aber entsprechend nur noch wenn die
Kinder zu Besuch sind richtig voll wird, haben Steinwände. Eigentlich findet
das ganze Leben draußen statt, denn alle Türen (sofern es welche gibt) stehen
offen und wer gerade nichts zu tun hatte, saß hinter dem Haus zwischen Kakteen,
Zitronenbäumen und Palmen. Wie ich es schon aus Huecorio kannte, gibt es nicht
laufend fließend Wasser wie etwa in Morelia. Das Wasser kommt nur alle paar
Tage sodass man in dieser Zeit die „pila“ ein großes Wasserbecken volllaufen
lässt. Daraus schöpft man dann Wasser zum waschen spülen oder duschen. Ja
richtig, eine Dusche gibt es nämlich leider nicht. Macht es einem nichts aus,
dass Vorbeigehende von der Straße aus zusehen könnten, kann man sich natürlich
hinter der „pila“ duschen, wenn doch, nun, dann geht man eben zum Duschen zwei
Straßen weiter die Tante besuchen.
So lernte ich nach und nach die ganze Familie
kennen, einschließlich absolut liebenswerter Großmutter aus dem Nachbardorf. Im
Elternhaus selbst hielt sich die Kommunikation in Grenzen, da die Mutter von
ihrem Restaurant voll beansprucht ist und der Vater kein Mann der vielen Worte.
Wer meine Aufmerksamkeit dagegen vollkommen beanspruchte war meine Nichte, die
mich vorübergehend zu ihrer Lieblingstante erklärt zu haben scheint.
Wie wir also die ganze Zeit verbrachten? Ich
weiß es auch nicht so ganz. Das Wochenende dort hatte so einen ganz anderen
Rhythmus als das in Morelia. Abwechselnd widmeten wir uns der Kinderbespaßung –
die beiden schleppten bald eine ganze Horde an Kindern aus der Nachbarschaft an
– oder wurden zur „tienda“ (etwa Tante-Emma-Laden, in ganz Mexiko allerdings
noch total gefragt) geschickt und ruhten uns zwischenzeitlich immer wieder im
Schatten von der unerträglichen Hitze aus, tranken wahlweise eiskalte Cola oder
eiskaltes Bier (mit Salz und Zitrone) und aßen frisch gepflückte Mangos. Einen
Tag holten wir Kokosnüsse von der Palme, um das Kokoswasser kalt zu stellen und
sowie das frische Kokosfleisch zu essen und ebenfalls an diesem Tag wurde aus
dem friedlichem Planschen der Kinder im Planschbecken schnell eine
Wasserschlacht zwischen uns „Erwachsenen“ die wir alle klitschnass beendeten.
Einen anderen Tag kam eine Freundin Marisols mit ihrer gesamten Familie vorbei
und wir brieten „mojarras“ für die ganze große Runde und veranstalteten eine
Art Gartenparty. Zweimal fuhren wir nach Ixtapita (der Name ist ein Wortspiel,
bedeutet kleines Ixtapa, der Name einer sehr touristischen Küstenstadt in
Michoacáns Nachbarstaat Guerrero). Ixtapita liegt leider nicht am Strand
sondern an einem Stausee. Trotzdem wurde dort eine Art Erlebnisschwimmbad
eröffnet, mit Pool, Bananen-Boot, Restaurant und mehr. Wir kamen allerdings
immer nur zum gucken vorbei. Ins Wasser hätte sich niemand getraut bei alledem
was man sich über das erzählt was auf dem Grund des Stausees zu finden ist…
Ich sollte vielleicht bei meinem nächsten
Besuch in Zicuiran ein paar Bilder machen. Diesmal wäre ich mir dabei etwas zu
touristisch und aufdringlich vorgekommen.