Donnerstag, 20. Dezember 2012

Weihnachtsstimmung bei 20°C

Es ist Dezember, die halbe Facebook-Gemeinde postet Bilder vom ersten Schnee und meine Gastgroßmutter klagt bei Tageshöchsttemperaturen von 20°C über die Kälte. Nun gut, sie klagt selbstverständlich nicht über die Tagestemperaturen, sondern darüber, dass es nachts doch ziemlich frisch wird. Ich weigere mich zu dieser Jahreszeit das Wort "kalt" für Temperaturen über 5°C zu verwenden.

Naja und ich muss zugeben es macht mir Spaß, Dezemberfotos in T-Shirt und mit Sonnenbrille nach Hause zu schicken und euch etwas neidisch zu machen - Moment ich hätte da noch eins:

 
Aber was ich eigentlich sagen wollte, und dazu ist diese Foto eine gute Überleitung, ist, dass einfach nicht so richtig Weihnachtsstimmung aufkommen will. Das wird noch dadurch verstärkt, dass hier sehr anders gefeiert wird. Keine Plätzchen, kein Adventskalender, zumindest bei uns kein Adventskranz, deutlich weniger Weihnachtsdeko, kein Weihnachtsmarkt. Darüber konnte mich allerdings ein Paket von Zuhause ganz gut hinwegtrösten. Inhalt: Plätzchen, Nugat, Marzipan, Lebkuchen, Dominosteine, Nutella (ok das gibt es zum Glück nicht nur zu Weihnachten), Backpulver (auch eher nicht zum so essen gedacht), Weihnachtsgeschenke, und auch sehr toll:
 
 
Weihnachtskalender und sogar noch Weihnachtsdeko! Und da mein Paket erst am 14.12. ankam ging ein Kindheitstraum in Erfüllung und ich durfte 14 Türchen an einem Tag öffnen!
Die Plätzchen und Lebkuchen wurden übrigens brüderlich mit meiner Gastfamilie geteilt.
Alles was ich so aus der deutschen Adventszeit kenne (und etwas vermisse) wird hier jedoch nicht ersatzlos gestrichen. Ab dem 16.12. also schon seit einigen Tagen finden täglich "posadas" statt. Man trifft sich in der Kirche um den Rosenkranz zu beten, es folgt eine kurze Prozession, die erneut in der Kirche endet, wo nochmal so etwas ähnliches gebetet wird. (Ich kenne mich da nicht aus; als Protestantin würde ich den Rosenkranz nichtmal auf Deutsch erkennen.) Danach wird draußen vor der Kirche noch ein wenig beisammengestanden, an alle Erdnüsse, Süßigkeiten und Schilfrohr verteilt (das isst man nicht wirklich, man kaut nur darauf herum, damit der Saft herausläuft, und dann spuckt man die Fasern weg) während die Kinder mehrere Piñatas schlachten. Wer nicht weiß was eine Piñata ist, hier das Sieger-Modell des Piñata-Wettberwerbs am letzten Schultag:
 
 
Sie wird entweder um einen Tontopf oder einen Luftballon aus Pappmaschee und Kreppband gebastelt, ist also innen hohl, um sie mit Süßigkeiten zu befüllen, die dann entsprechend herausfallen, wenn die Kinder nur lange genug darauf herumkloppen. Die Stacheln sind traditionell sieben und stehen für die sieben Todsünden.
 
Ein weiteres Highlight des letzten Schultag: Der erste Auftritt unserer Gitarren-Gruppe. Da Nicole und ich die Zeit vorher auf Seminar waren, spielten wir nicht mit, was, da wir absolute Anfängerinnen sind und nur hier von unseren Gitarren-Jungs einige Griffe gelernt haben, der Qualität des Auftritts nicht geschadet hat. Feliz Navidad:
 

 
Eine weitere Weihnachtsfeier gab es dann am Dienstag für das Personal, die aus einem gemeinsamem Essen, vor allem aber aus gemeinsamem Trinken bestand.
 
Eine weitere Tradition vor Weihnachten ist das Verteilen von "aginaldos". Das sind Tüten gefüllt mit Süßigkeiten, die hier im Dorf am Samstag in vier Haushalten vorbereitet und abends dann verteilt werden. Dazu werden alle Frauen zum Helfen eingeladen, sogar ich, obwohl ich niemanden der Versanstalter kenne.
 
In meiner Gastfamilie wird Weihnachten nicht groß gefeiert. Generell ist es ein viel unwichtigeres Fest als in Deutschland. So lädt hier beispielsweise am 24. ein Paar zu seiner standesamtlichen Hochzeit ein, was ich mir in Deutschland nicht vorstellen könnte. Auch Geschenke werden weniger gemacht. So haben wir in meiner Familie beschlossen für $50 (ca 3€) aufwärts Schokolade zu wichteln. Das finde ich zwar auch eine schöne Idee, und auch praktisch, da ich nicht jeden gut genug kenne, um ein persönliches Geschenk zu machen, immerhin reden wir hier von insgesamt 15 Leuten, aber ich bin andererseits auch froh zwei "richtige" Geschenke von Zuhause auspackbereit für den 24. unter dem Bett liegen zu haben.
 
Zusammenfassend lässt sich sagen, Weihnachten mal anders zu feiern ist eine Erfahrung, doch ich werde mein geliebtes deutsches Weihnachten nächstes Jahr viel mehr zu schätzen wissen.

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